Kolumbien hat zwei Gesichter: Auf der einen Seite ist es ein Land mit stabiler Demokratie, fortschrittlicher Verfassung, dynamischem Wirtschaftswachstum und hohem Bildungsniveau. Im nationalen Durchschnitt werden die meisten der Millenniumsentwicklungsziele erreicht. Auf der anderen Seite wird Kolumbien seit Jahrzehnten von bewaffneten Konflikten bestimmt, die in Wechselwirkung mit dem internationalen Drogenhandel, organisierter Kriminalität, Korruption und Klientelpolitik stehen. Menschenrechtsverletzungen, Vertreibungen, große Armut und extreme soziale Ungleichheit sind die Folgen: Fast vierzig Prozent der kolumbianischen Bevölkerung leben unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Trotz der guten Wirtschaftsentwicklung hat sich dieser Anteil in den vergangenen zehn Jahren nur wenig verändert. Vor allem die ländliche Bevölkerung konnte vom Wirtschaftswachstum wenig profitieren.
Innenpolitische Situation
Ein bewaffneter Konflikt zwischen staatlichen Sicherheitskräften, den Guerillagruppen FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) und ELN (Ejército de Liberación Nacional) sowie anderen illegalen Gewaltgruppen dauert seit mehr als 40 Jahren an und hemmt die Entwicklung des Landes. Schätzungsweise vier bis fünf Millionen Kolumbianerinnen und Kolumbianer leben als Vertriebene im eigenen Land (sogenannte Binnenflüchtlinge), rund 400.000 Menschen sind in die Nachbarländer geflohen. Der Anteil von Vertriebenen an der kolumbianischen Gesamtbevölkerung beträgt fast zehn Prozent. Viele Gebiete sind durch Landminen unbewohnbar geworden: 2010 wurden nach offiziellen Angaben über 500 Menschen durch Minen getötet oder verwundet, zusätzlich gibt es viele nicht gemeldete Fälle.
Nach der Eskalation der Gewalt in den neunziger Jahren hat die "Politik der demokratischen Sicherheit" des bis Mitte 2010 amtierenden Staatspräsidenten Álvaro Uribe insgesamt zu einer Verbesserung der Sicherheitslage in Kolumbien geführt. Die Aktivitäten linksgerichteter Guerillagruppen wurden eingedämmt und ihre operativen Strukturen deutlich geschwächt. Mehr als 50.000 Angehörige meist rechtsgerichteter Gewaltakteure, darunter rund 36.000 Paramilitärs, haben seit 2005 an Demobilisierungsprogrammen teilgenommen. Schwere Verbrechen wie Mord und Entführung sind zurückgegangen. Doch die Ursachen des Konflikts bestehen fort, noch immer sind viele Regionen außerhalb staatlicher Kontrolle. Die enge Verzahnung von politischem Kampf, Drogenhandel und organisiertem Verbrechen engen die politischen Gestaltungsmöglichkeiten weiterhin ein.
Die seit August 2010 amtierende Regierung von Staatspräsident Juan Manuel Santos setzt die "Politik der demokratischen Sicherheit" fort und entwickelt sie mit dem "Programm der demokratischen Prosperität" weiter. Mit dem Ziel, strukturelle Entwicklungshemmnisse abzubauen und sozialen Ausgleich herbeizuführen, wurden weitreichende Reformen in den Bereichen Menschenrechte, Stärkung der Gewaltenteilung, institutioneller Transparenz, Landverteilung und regionaler Integration eingeleitet. Zu den zentralen Reformen der Regierung Santos zählen das Gesetz zur Opferentschädigung und Landrückgabe sowie das Gesetz zur Verteilung der Rohstoffeinnahmen.
Beziehungen zu Deutschland
Deutschland und Kolumbien pflegen enge politische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen. Deutschland ist größter Handelspartner Kolumbiens in der EU, zahlreiche deutsche Unternehmen sind mit eigenen Produktionsstätten in Kolumbien vertreten. Entwicklungspolitische Beziehungen bestehen seit über 50 Jahren. Kolumbien gehört zu den Kooperationsländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, mit denen die Bundesrepublik auf Basis zwischenstaatlich vereinbarter Verträge eng zusammenarbeitet. Schwerpunkte der deutsch-kolumbianischen Zusammenarbeit sind Friedensentwicklung und Krisenprävention sowie Umweltpolitik, Schutz und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen. Ein dritter Schwerpunkt Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung wird derzeit mit Kolumbien aufgebaut.